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Zwei Paar Hände halten einander fest vor einem Hintergrund aus einem lila Kreis umrandet von einem gelben Kreis.
Sex muss kein Tabuthema sein

Wer eine Krebsdiagnose erhält, denkt sicher nicht sofort an mögliche Auswirkungen der Erkrankung und Therapie auf die Sexualität. Auch wenn sie ein Grundbedürfnis ist, wird Sexualität im Zusammenhang mit Krebs oft tabuisiert. In diesem Blog ist das anders, denn ein offener Umgang kann helfen, Probleme zu überwinden.(1)

Beschwerden sind individuell verschieden

Die Stärke sexueller Bedürfnisse ist allgemein von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Bei einer Erkrankung ist es zudem ganz normal, dass wenig Interesse an sexueller Intimität besteht. Je nach Krebsart und -behandlung können in Bezug auf die Sexualität ganz individuelle Beschwerden entstehen. Die häufigsten Probleme sind Lustlosigkeit, Vaginalprobleme bei Frauen und Erektionsprobleme bei Männern.(4)

Eine junge Frau im Slip mit einem Pflaster auf dem Unterleib.

Wenn sich das Körpergefühl verändert

Krebstherapien wie Operationen, Chemotherapie oder Bestrahlung hinterlassen sichtbare und fühlbare Spuren. Wunden, Narben, der Verlust von Haaren, Veränderungen der Haut oder auch eine Brustentfernung können das Körperbild stark verändern. Viele Betroffene nehmen ihren Körper deshalb während oder nach einer Therapie als fremd oder nicht mehr attraktiv wahr. Das Selbstwertgefühl leidet, und die Angst wächst, für die Partnerin oder den Partner nicht mehr begehrenswert zu sein.(2)

Mehr als ein körperlicher Verlust

Vor allem Frauen berichten häufig, dass sie sich nach einer Brust- oder Gebärmutterentfernung nicht mehr „ganz“ oder nicht mehr „weiblich“ fühlen. Für viele ist das Frausein eng mit bestimmten Körpermerkmalen oder der Fähigkeit, (noch) Kinder zu bekommen, verbunden. Rein körperlich gesehen muss beispielsweise die Entfernung der Gebärmutter das sexuelle Empfinden der Frau jedoch nicht einschränken.

Zeichnung einer Glühbirne

Auch ohne Gebärmutter sind die für das sexuelle Lustempfinden der Frau wichtigen Bereiche (Klitoris, Schamlippen und Scheideneingangsbereich) genauso empfindungsfähig wie vorher.(3)

Ein Arzt nimmt einem jungen Mann Blut ab.

Störungen der Sexualfunktion bei Männern

Auch bei von Krebs betroffenen Männern kann das sexuelle Erleben durch unterschiedliche Aspekte beeinflusst werden. Körperliche Veränderungen, wie sie beispielsweise durch Operationen im Beckenbereich oder Bestrahlungen entstehen, wirken sich oft direkt auf die Sexualfunktion aus. So kann beispielsweise nach einer Prostatektomie, also der Entfernung der Prostata, die Fähigkeit zur spontanen Erektion ganz oder teilweise verloren gehen. Auch die Ejakulationsfähigkeit ist häufig beeinträchtigt. Zudem führen viele Therapien zu hormonellen Veränderungen. Durch das Absinken des Testosteronspiegels kann das sexuelle Verlangen nachlassen und auch die Zeugungsfähigkeit eingeschränkt sein.(5)

Zeichnung einer Glühbirne

Weitere Informationen zum Thema „Männliche Sexualität und Krebs“ finden Sie im Ratgeber des Krebsinformationsdienstes.

Auswirkungen auf das sexuelle Miteinander

Die beschriebenen körperlichen Veränderungen führen oft zu Unsicherheiten und Ängsten: Wie wird mein Partner oder meine Partnerin auf meinen veränderten Körper reagieren? Bin ich noch attraktiv? Darf ich Lust empfinden, obwohl ich doch krank bin? Das Thema rückt bei der Behandlung zunächst in den Hintergrund, schließlich geht es in erster Linie darum, den Krebs zu überwinden. Beide Seiten sind sich unsicher, wie sie mit dem Thema Sexualität umgehen sollen.

Bei Paaren beginnt dann häufig ein langsamer und unbewusster Prozess der Entfremdung. Mit der Zeit kann es passieren, dass der körperliche Kontakt immer weniger wird. Alleinstehende Personen trauen sich häufig nicht mehr, aktiv nach Sexualpartner*innen oder Beziehungen zu suchen. Viele Betroffene ziehen sich zurück, vermeiden Nähe aus Angst vor Zurückweisung oder auch, weil sie sich selbst nicht mehr annehmen können.(4)

Neben den körperlichen Folgen spielen seelische Belastungen eine große Rolle. Die Krebsdiagnose an sich, Angst um die eigene Zukunft und Sorgen um Partnerschaft und Familie können das Sexualleben beeinflussen. Viele Männer erleben Unsicherheit, wenn ihr Körper nicht mehr wie gewohnt funktioniert, und setzen sich unter Leistungsdruck.

Zwei Sprechblasen auf orangem Hintergrund.

Es ist wichtig für die Betroffenen, sich bewusst zu machen, dass Sexualität nicht nur aus Geschlechtsverkehr besteht. Berührungen und gegenseitige Aufmerksamkeit können ebenfalls erfüllend sein – und dieses Bedürfnis bleibt trotz allem meist bestehen.(5)

Ein älterer Herr streicht einer etwa gleichaltrigen Frau über die Wange.

Die Rolle der Partnerschaft

Nicht nur die Betroffenen selbst, auch ihre Partner*innen stehen vor großen Herausforderungen. Die Unsicherheit, wie man mit der neuen Situation und dem veränderten Körper umgehen soll, ist auf beiden Seiten groß. Hier ist es entscheidend, sich gegenseitig anzunehmen und dabei offen und wertschätzend miteinander umzugehen. Viele berichten, dass sie erst mit der Zeit erkannt haben, dass der Partner oder die Partnerin sie weiterhin liebt und begehrt – unabhängig von äußeren Veränderungen.(4)

Grafik eines Kopfes mit einem Herz in der Mitte.

Denken Sie einmal in Ruhe darüber nach, wie es Ihnen bisher ergangen ist. Machen Sie sich Momente bewusst, die Sie in sexueller Hinsicht seit der Diagnose erlebt haben. Ob schön oder eher herausfordernd: Überlegen Sie, warum ein Moment gut war oder wie ein Moment beim nächsten Mal vielleicht besser gestaltet werden könnte.

Offene Kommunikation ist der wichtigste Schritt, um Missverständnisse und Ängste abzubauen. Wer über Wünsche, Sorgen und Bedürfnisse spricht, schafft Nähe und Verständnis. Denken Sie daran: Auch Formen der Intimität jenseits des Geschlechtsverkehrs – Zärtlichkeit, Berührungen, gemeinsames Kuscheln – können Freude und Verbundenheit bringen, wenn der klassische Sex (vorübergehend) schwierig ist.(4)

 

Ein Mann und eine Frau mittleren Alters meditieren in einem Park.

Mögliche Ansatzpunkte, um sexuell (wieder) aktiver zu werden

Zwar gibt es für die Sexualität und die Beziehung zwischen zwei Menschen kein allgemeingültiges Rezept, doch bei fehlender Lust können die folgenden Anregungen Sie und Ihren Partner oder Ihre Partnerin vielleicht inspirieren.

  1. Miteinander reden: Dieser Punkt wurde bereits erwähnt und scheint selbstverständlich zu sein, ist aber oft der schwierigste. Wichtig ist, dass man sich nicht unter Druck setzen lässt, auch wenn der Partner oder die Partnerin sexuell motiviert ist. Sagen Sie klar, dass Sie aktuell keine sexuellen Aktivitäten haben möchten und dass Sie mehr Zeit brauchen. Sie können auch absprechen, welche Berührungen angenehm bzw. unangenehm sind, und sich so langsam vortasten (im wahrsten Sinne des Wortes).(4)
  2. Den Kopf entlasten: Sexualität beginnt im Kopf. Die emotionale Belastung verdrängt in vielen Fällen die Lust. Entspannungstechniken können helfen, Belastungen loszulassen. Dafür gibt es viele unterschiedliche Methoden, etwa klassisches Yoga, Meditation oder auch Autogenes Training.(4)
  3. Partnermassagen: Bei gegenseitigen Massagen und Berührungen kann man sich entspannen und einander ohne direkte sexuelle Absichten sehr nahekommen. Oft bewirkt das eine gewisse erotische Spannung, die erregend sein kann.(4)
  4. Selbststimulierung: Selbstbefriedigung ist eine gute Möglichkeit, ohne Druck und Erwartungen den eigenen Körper wieder besser kennenzulernen. Sie merken, was Ihnen guttut, und können dies dann auch dem Partner oder der Partnerin offenbaren.(4)

Natürlich gibt es noch weitere Möglichkeiten, besonders bei eher körperlichen Problemen wie dem Elastizitätsverlust der Scheide oder Vaginalinfekten, von denen Frauen betroffen sein können, oder Ejakulationsproblemen bei Männern. In jedem Fall helfen Gespräche mit Ihrem Ärzteteam, mit Fachleuten aus der Sexualtherapie – und nicht zuletzt mit Ihrem Partner/Ihrer Partnerin.(4)

Grafik einer Hand, die auf ein Smartphone tippt.

Wenn es darum geht, miteinander zu reden, ob über die Diagnose oder über Sexualität, finden Sie einige grundlegende Tipps hier im Blog.

Ein älteres Paar sitzt Arm in Arm auf einem Sofa.

Krebs und Sex – das ist kein Tabu, sondern eine Herausforderung, die viele betrifft. Ein verändertes Körpergefühl, eine gefühlt fehlende Weiblichkeit oder Männlichkeit und die Sorge, ob der Partner oder die Partnerin einen noch annimmt, sind zentrale Themen, die offen angesprochen werden sollten. Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und psychoonkologische Angebote können helfen, einen neuen Zugang zur eigenen Sexualität zu finden und das Selbstwertgefühl zu stärken.(1) Denn die Wiederaufnahme des Sexuallebens bedeutet auch ein Stück Normalität und schenkt Lebensfreude und Energie. Mit Zeit, Geduld und gegenseitigem Verständnis kann sich ein neues Verständnis von Sexualität entwickeln – auch mit einer Krebserkrankung.

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